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Erste Steuerstrafverfahren gegen Amazon Vine Tester !!! Die Welle geht los !

  • Autorenbild: BORIS KUDER LL.M.
    BORIS KUDER LL.M.
  • vor 31 Minuten
  • 3 Min. Lesezeit

Bereits im April 2024 hatte ich in einem Blog-Beitrag darauf hingewiesen, dass Amazon Vine Tester damit rechnen müssen, dass gegen Sie aufgrund des Warenbezugs Steuerstrafverfahren eingeleitet werden.


Nun ist es (leider) soweit. Eine "Welle" von Steuerstrafverfahren gegen Amazon Vine Tester wird derzeit - speziell in NRW durch das Landesamt zur Bekämfung der Finanzkriminalität - eingeleitet. Betroffen sind vor allem solche Tester mit Goldsstatus und teilweise (nach Angaben von Amazon) fünfstelligen Warenbezug in einzelnen Jahren.


Was ist die Grundlage für die Einleitung der Strafverfahren ?


Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass allein der kostenlose Bezug der Waren bereits steuerpflichtig ist, unabhängig, davon, ob solche anschließend weiterverkauft oder selber genutzt oder entsorgt werden.


Diese Wertung findet sich inbesondere in einem Hinweis zum Prüffeld Amazon Vine des Landesamtes für Steuern Niedersachsen, Az: S 1620 - TF 695d - 398/2022 (somit bereits aus dem Jahr 2022), das derzeit in allen Strafakten zu finden ist.


Darin vertritt die Finanzverwaltung folgende Auffassung:


Umsatzsteuer:


Die Produkttester sind, wenn sie mehrere Produkte im Jahr getestet haben, Unternehmer i.S.d. § 2 UStG, da sie eine sog. sonstige Leistung (tauschähnlicher Umsatz i.S.d. § 3 Abs. 12 S. 2 UStG) erbringen. Da der Ort der Leistung aber beim Leistungsempfänger Amazon in Luxemburg liegt, ist der Warenbezug In Deutschland nicht steuerbar und steuerpflichtig (Ausnahme dann, wenn die Ware weiterverkauft wird).


Einkommensteuer:


Die Produkttester (insbesondere mit Goldstatus) üben eine gewerbliche Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 EStG aus, erzielen somit Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Gegenstand ihrer Leistung soll das Sammeln von Erfahrungen/Erkenntnisse durch Benutzung und Bewertung der Gegenstände sein.


Wie ist die Rechtslage ?


Unklar. Es gibt noch keine Rechtsprechung zu dieser Thematik. Bis es eine gerichtliche Klärung gibt, wird es noch Jahre dauern.


Wieso kommen jetzt die Strafverfahren ?


Seit 2023 fragt das Finanzamt bei den Plattformen, somit auch bei Amazon nach Steuerinformationen von Dienstleistern im Rahmen der DAC7-Verordnung. Dabei geraten hier auch die Amazon-Vine-Mitglieder ins Visier der Finanzämter.


Hierbei übermittelt Amazon nicht nur die persönlichen Daten inklusive Geburtsdatum, Adresse und Umsatzsteuer-ID, sondern auch den Betrag, den die Produkttester an Zuwendungen von den jeweiligen Markenbetreibern erhalten haben.


In NRW übernimmt aktuell die Analyseeinheit Risikoorientierte Ermittlungen im Bereich der Steueraufsicht (ARES) des LBF NRW Funktionen aus dem Bereich der Steueraufsicht wahr, speziel im Kontext Plattformwirtschaft . Dieses führt zu noch kürzeren und einheitlicheren Abstimmungsprozessen mit anderen datenerhebenden und datenauswertenden Stellen - beispielsweise durch das einheitliche Einspielen und Verteilen von bundesweit erhobenem Kontrollmaterial.


Was sind die steuerlichen Folgen für die Tester ?


Da diese die Produkte im Regelfall nicht weiterverkauft haben, fällt nach Auffassung des Finanzamtes keine Umsatzsteuer an. Anders sieht es aber bei der Einkommensteuer und - sofern der gewerbesteuerliche Freibetrag von € 24.500,00 im Jahr überschritten wurde - der Gewerbesteuer aus.


Amazon meldet hohe Werte. Bei Gold Status können diese schon einmal bei über € 50.000,00 pro Jahr liegen.


Hier drohen den Testern dann hohe Steuernachforderungen, wenn die von Amazon gemeldeten Werte der Besteuerung zugrundegelegt werden. Bei einem Einkommensteuersatz zwischen 20 % bis 30 % reden wir bei € 50.000,00 Warenbezug schon von Steuernachforderungen von € 10.000,0 bis € 15.000,00 pro Jahr ! Dazu kommt evtl. noch Gewerbesteuer.


Insbesondere solche Tester, die über nicht ausreichende liquide Mittel verfügen, können solche Steuerforderungen für mehrere Jahre in den finanziellen Ruin treiben.


Was sind die strafrechtlichen Folgen für die Tester ?


Hier droht dann eine entsprechende Strafe, abhängig von der Höhe der vorgeworfenen Steuerhinterziehung die evtl. auch eine Freiheitsstrafe (zur Bewährung) zur Folge haben kann, sofern keine andere Verfahrenseinstellung erzielt werden kann.


Was können die Amazon Vine Tester tun ?


Sofern den Testern noch nicht die Einleitung des Strafverfahrens bekanntgegeben wurde, kommt noch ein Selbstanzeige in Betracht.


Von meiner Kanzlei werden derzeit solche Selbstanzeigen begleitet, mit den zum einen die Erlangung der Straffreiheit beabsichtigt ist, aber gleichzeitig auch versucht wird, anzusetzende Werte erheblich geringer anzusetzen als die von Amazon angegebenen Werte. Aufgrund der Schwierigkeit einer Selbstanzeige ist hierbei aber den Testern eine qualifizierte Beratung / Begleitung empfohlen.


Und wenn das Strafverfahren schon eingeleitet ist ?


Dann bleibt nur der Kampf. Bei den meisten von mir als Verteidiger betreuten Amazon Vine Fällen wünschen die Tester eine einvernehmliche Lösung, allerdings zu deutlich geringeren Werten - und damit Steuern - als die von Amazon gemeldeten Werten.


Anknüpfungspunkt meiner Verteidigung in diesen Fällen ist daher zum einen der Wert der Waren im Besteuerungsverfahren und zum anderen das Bestreiten des Vorsatzes einer Steuerhinterziehung im Strafverfahren. Denn welcher Tester war sich bei Abgabe seiner Steuererklärungen bewusst, dass der Warenbezug steuerpflichtig ist ? Amazon hat darauf in seinen Teilnahmebedingungen erst im Jahr 2025 hingewiesen.



ree

Amazon Vine Tester werden sich daher auf viele Unannehmlichkeiten einstellen müssen. Was zumeist als Hobby begann, scheint sich jetzt zu einem finanziellen und strafrechtlichen Desaster zu entwickeln.




 
 
 

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